„Ätzender Humor über den Zeitgeist der 1970er Jahre und jede Menge skurriler Ideen: Aus diesem Stoff ist der Roman ‚Die Monkey Wrench Gang‘ geschmiedet.“ – So beginnt die Rezension eines tollen Romans, die unter anderem in der Bremer Sonntagszeitung „Kurier am Sonntag“ erschienen ist.
Ätzender Humor über den Zeitgeist der 1970er Jahre und jede Menge skurriler Ideen: Aus diesem Stoff ist der Roman „Die Monkey Wrench Gang“ geschmiedet. Vielleicht sollte man besser „zusammengeschraubt“ sagen – denn der englische Begriff „monkey wrench“ beschreibt jenes Vielzweck-Werkzeug, das hierzulande als „Universalschraubenschlüssel“ oder umgangssprachlich als „Engländer“ bekannt ist. Im Roman steht es für brachiale, jedoch überwiegend komische Versuche, die Umwelt zu beschützen, indem zerstört wird, was sie zu zerstören droht.
US-Autor Edward Abbey (1927–1989) hat mehrere Romane und Sachbücher über den Südwesten der USA, seine Wahlheimat, verfasst. Aber diesseits des Atlantiks wurde er nur durch diesen Roman bekannt. Vier unterschiedliche Menschen beschließen gemeinsam, es künftig in Sachen Umweltschutz nicht mehr bei bloßen Worten zu belassen: Maschinen für Straßen‑, Staudamm- oder Stromtrassenbau und andere anthropogene Naturzerstörungen müssen ebenso weg wie die Pisten, Dämme und Masten, die mit ihrer Hilfe entstehen; Menschen dürfen nicht zu Schaden kommen.
Durchgeknallte Freaks sind sie: Doc Sarvis, als Mediziner sowohl Menschen- als auch Naturfreund, zündelt gerne an allem, was Menschen der Natur antun. George W. Hayduke, Vietnam-Veteran der Special Forces („Green Berets“), hegt eine archaische Zuneigung zu Sprengstoff. Seldom Seen Smith ist „Mormone auf Urlaub“ und verdient seinen kargen Unterhalt mit Touristenreisen durch Wüste und Wildwasser. Bonnie Abbzug ist eine langhaarige Bronx-Pflanze mit „allen möglichen Auszeichnungen“ der Uni von Albuquerque, die Hesse, Sex und Freiheit liebt.
Abbeys sprühende Öko-Anarcho-Komödie wurde in den USA schnell zu einem Kulttitel des literarischen Underground. Als sie 1975 erschien, war der Vietnam-Krieg gerade vorbei, Woodstock bereits Legende und „Umweltschutz“ weit entfernt von einer Massenbewegung. Aus der austrocknenden Hippiekultur sprossen etliche Freaks, denen das Engagement für „Mutter Erde“ ein mehr oder weniger ernstes Anliegen war. Abbeys Roman wurde in den Achtzigern und Neunzigern zum Leitbild der so genannten „Earth-First!“-Bewegung wurde, einem später sogar internationalen Netzwerk radikaler Umweltaktivisten. Ihr Symbol: Universalschraubenschlüssel und Hammer – diagonal gekreuzt, wie es sich damals für selbsternannte Widerständler gehörte. Und der verbalisierte Begriff für den Schraubenschlüssel – „monkey wrenching“ – wurde zum global verstandenen Synonym für Sabotage, selbstverständlich für „gute“ Zwecke wie etwa Umweltschutz.
In Deutschland erschien der Roman 1987, die Grünen hatten sich gerade auf den Weg zur Etablierung gemacht. Damals blieb das schmucklose Taschenbuch ein schnell vergriffener Insider-Tipp – das könnte sich jetzt ändern, denn die liebevoll gestaltete Neuauflage als Hardcover ist nicht nur ein durchaus zeitgemäßer Lesespaß, sondern dank der Illustrationen des Underground-Comic-Zeichners Robert Crumb auch ein visuelles Vergnügen.
Abbey, Edward: „Die Monkey Wrench Gang“; Roman mit Illustrationen von Robert Crumb; 472 Seiten, Hardcover; Verlag Walde + Graf; Zürich, 2010; ISBN 978–3‑03774–015‑6; Preis 24,95 Euro.
erschienen im „Kurier am Sonntag“ (Bremen) am 11. Juni 2011